Wirtschaftsbericht 2023

Beeinflussende Rahmenbedingungen


Weltwirtschaft und Welthandel

Für das Geschäfts­modell der AKA gehören die Ent­wicklung des welt­weiten Handels und die Ent­wicklung der Welt­konjunk­tur zu den beein­flussenden Rahmen­be­din­gungen. Letztere wirkt sich neben länder­spezifischen Faktoren auch auf Deutsch­land und den Euro­raum aus. Die globale Kon­junkturen­twicklung be­ein­flusst zudem die für die AKA relevanten Emerging Markets.

Im Jahr 2023 ist die Welt­wirtschaft moderat expandiert. Die Welt­bank bezifferte das Wachstum des weltweiten realen Brutto­inlands­produkts (BIP) für 2023 mit 2,6 % (VJ: 3,0 %). Die globale Wirt­schaft war konfrontiert mit den Heraus­forderungen der Inflations­be­kämpfung und damit ver­bundenen restriktiveren Finan­zierungs­be­dingungen sowie den Aus­wirkungen geopolitischer Spannungen. Die wirt­schaft­lichen Aktivitäten haben sich insbesondere in den zinssensitiven Sektoren abgeschwächt, wie am Immobilien­markt und bei Investitionen. In einigen Bereichen konnten Eigen­finan­zierungs­möglichkeiten von Unter­nehmen sowie der zu­nehmende Trend zu Projekten unter umwelt­ver­träglichen oder sozialen Aspekten die In­vestitions­tätig­keit dennoch stützen. Trotz inflations­bedingt sinkender Real­ein­kommen stützte der robuste Arbeits­markt die Konsum­bereit­schaft, mit regionalen Unter­schieden.

Generell zeigte sich eine Wachstums­diver­genz, wobei Emerging Markets eine stärkere Ent­wicklung aufwiesen als die Industrie­länder. Im Gesamt­jahr lag die aggregierte Expansions­rate der Industrieländer bei 1,5 %; die Emerging Markets konnten mit 4,0 % stärker zulegen. Im Vergleich zu den USA, einigen asiatischen und roh­stoff­produ­zierenden Ländern blieb das Wachs­tum in Europa ver­halten, da die Energie­preis­krise stärker nach­wirkte.[1]

Die World Trade Organisation (WTO) konstatierte eine nach­lassende Dynamik im Welt­handel, mit einem realen Zu­wachs von rund 1 % für 2023 (VJ (Vorjahr): 3 %) – und damit eine schwächere Ent­wicklung im Ver­gleich zur Welt­wirtschaft.[2] Unter Berück­sichtigung der Preis­ent­wicklung, die von gesunkenen Roh­stoff­preisen ge­kenn­zeichnet war, ist der Welt­handel von seinem Rekord­stand im Vorjahr voraus­sichtlich um nominal 4,5 % gefallen. Der Waren­handel wurde be­ein­flusst von einer Ver­langsamung der globalen Wert­schöpfungs­ketten-Inte­gration, einer rück­läufigen Vorrats­haltung, angesichts nach­lassender Unter­brechungen, begleitet vom Trend zu vermehrter inländischer Bezugsorientierung und restriktiverer Handelspolitik. Darüber hinaus ließ sich eine bilaterale Handelspräferenz mit Ländern mit ähnlichen geopolitischen Interessen („Friend-Shoring“) erkennen. Hinzu kamen die schwächere Konjunktur in einigen handels­intensiven europäischen und asiatischen Ländern sowie dämpfende Effekte aus restrik­tiveren Bedingungen für Handels­finan­zierungen. Die schwache Handels­leistung ist auch darauf zurück­zu­führen, dass das globale Wirtschafts­wachstum eine weniger handels­intensive Zusammen­setzung aufwies, da ein höherer Anteil der Inlands­nach­frage auf den Konsum entfiel, während die handels­intensiveren Investitionen ver­haltener blieben.[3]

Industrieländer: USA – Euroraum – Deutschland

Trotz restriktiver Geld­politik in den USA hatte sich die Konjunktur gut behauptet, sodass das reale BIP 2023 mit er­warteten 2,5 % stärker expandierte als im Vor­jahr mit 1,9 %.[4]

Gemäß der EU-Kommission hat die wirtschaft­liche Dynamik im Euro­raum nach der robusten Post-Pandemie-Expansion von 2021/2022 im Gegen­satz zu den USA nachgelassen. Trotz des schwachen Welthandels trug der Nettoaußenhandel leicht zum Wachstum bei, da der Import­rück­gang angesichts einer zurück­haltenden Binnen­nach­frage stärker ausfiel als der Export­rückgang. Die Exporte waren unter anderem beeinträchtigt vom schwachen Wachstum in China und geo­politischen An­spannungen.[5]

Für Deutsch­land ergab sich für das Gesamt­jahr 2023 ein Rückgang des BIP um 0,3 %. Insbesondere der private Konsum ist aufgrund der nachwirkenden Kauf­kraft­ver­luste, im Zuge der Energie­preis­krise und der Kauf­rück­haltung, gesunken, auch vor dem Hinter­grund geo­politischer Unsicher­heiten. Die gestiegenen Zinsen leiteten insbesondere auf dem in Teilen über­hitzten Immobilien­markt eine Ab­kühlung ein.[6] Eine industrielle Schwäche zeigte sich vor allem in den energie­intensiven Sektoren, wie der export­starken chemischen Industrie, mit Anzeichen einer Ver­lagerung energie­intensiver Produktion an andere Stand­orte. Auch die hohen Auftrags­polster schmolzen ab. Expansive Impulse kamen von staatlichen Investitionen, teils durch die Beschaffung von Rüstungs­gütern. Vom Außen­handel fehlten eben­falls Impulse. Die Ausfuhren sind 2023 um real 1,8 % gesunken. Die größten Rück­gänge verzeichnete der Export von Investitions­gütern und langlebigen Konsum­gütern. Die preis­liche Wett­bewerbs­fähigkeit deutscher Exporteure gegen­über ihren wichtigsten Handels­partnern hat sich um rund 3 % ver­schlechtert. Da­hinter steht vor allem die Wechsel­kurs­aufwertung gegen­über China und den USA.[7]

Schwellen- und Entwicklungs­länder

Das Wirtschaftswachstum in den Emerging Markets soll 2023 leicht auf 4,0 % angestiegen sein (VJ: 3,7 %); ohne China soll es hin­gegen bei niedrigeren 3,2 % gelegen haben. Eine schwächere Nach­frage aus den Industrie­ländern dämpfte die Export­nach­frage, während die Binnen­nach­frage durch höhere Zinsen gebremst wurde. Nach wie vor ist eine große Hetero­geni­tät zu konstatieren. In zahl­reichen Roh­stoffexport-Ländern machte sich die globale Schwäche im industriellen Bereich bemerkbar, teils aber auch die geringere Nach­frage aus Chinas Bau­segment. Zahlreiche Roh­stoff­import-Länder litten noch unter den Folgen der hohen Agrar- und Energie­preise des Vor­jahres, welche die Kauf­kraft und damit den Konsum belasteten.[8]

Asien

In Asien beschleunigte sich das Wirtschafts­wachstum auf voraus­sichtlich 5,2 % im Jahr 2023 (VJ: 4,5 %).[9] Dazu hat vor allem die Wieder­eröffnung der chinesischen Wirtschaft bei­getragen, die um 5,2 % zulegte. In China wurde die strukturelle Immobilien­krise durch stimulierende staatliche Maßnahmen kompensiert, wozu auch Zins­senkungen zählten. Gleich­wohl belastete der Immobilien­sektor die Nach­frage, aufgrund seiner hohen gesamt­wirtschaft­lichen Bedeutung. Die indische Wirt­schaft zählte mit einem Zuwachs von 6,3 % erneut zu den am stärksten expandierenden Ländern weltweit. Die Wirtschaft in Indonesien wuchs mit 5,0 % eben­falls über­durch­schnittlich stark. In vielen anderen, export­abhängigen Ländern in Südostasien gab die Konjunktur nach.[10] Latein­amerika Das Wirtschafts­wachstum in Latein­amerika halbierte sich nahe­zu, von 3,9 % im Jahr 2022 auf circa 2,2 % in 2023. Zu den Belastungs­faktoren zählten eine erhöhte Inflation, restriktivere Finanzierungs­be­dingungen, ein schwächerer Welt­handel und widrigere Wetter­effekte. Günstiger ent­wickelte sich Brasilien, an­gesichts einer positiven Ent­wicklung im Agrar­sektor, im privaten Verbrauch und bei seinen Exportprodukten. Hinzu kamen erste Leitzinssenkungen. Mexiko profitierte von einem robusten privaten Ver­brauch und einer stärkeren Investitions­nach­frage, angesichts von Near-Shoring-Impulsen, ins­besondere durch eine dynamische Nach­frage aus den benachbarten USA. Dagegen litten zahl­reiche Roh­stoff­export­länder, wie Chile und Peru, unter einer schwachen inter­nationalen Nach­frage und nach­lassenden Welt­markt­preisen.[11]

Osteuropa und Zentralasien

Das Wirtschafts­wachstum hat in Ost­europa und Zentral­asien 2023 um circa 2,7 % zugelegt (VJ: 1,2 %). Die Erholung basierte auf einem anziehenden privaten Verbrauch, gestützt durch staatliche Konjunktur­pakete, einen robusten Arbeits­markt sowie durch leichte Wachstums­raten in Russland und der Ukraine. Eine teil­weise Real­lokation von Kapital- und Handels­flüssen in Ver­bindung mit Russland konnte die Binnen­nach­frage in einigen Volks­wirtschaften weiter­hin stützen. Über­durch­schnittliche Wachstums­raten wurden in Zentral­asien (4,9 %) erreicht. In der Türkei (4,2 %) profitierte die Konjunktur zunächst von einer lockeren Geld­politik, die im Jahres­verlauf jedoch deutlich restriktiver wurde, sowie von Wieder­auf­bau­projekten nach dem Erd­beben im Februar 2023. In den ost­europäischen EU-Ländern fiel das Wachstum angesichts der engen Ver­flechtungen mit West­europa am schwächsten aus.[12]

Afrika und Naher Osten

Für 2023 erwartete die Weltbank für Subsahara-Afrika eine ver­langsamte wirtschaftliche Expansion von 2,9 % (VJ: 3,7 %). Generell waren die Ein­fluss­faktoren vielfältig. Während in Angola zu Neige gehende Ölfelder zu Aus­gabe­ein­schränkungen führten, war Nigeria von Devisen­eng­pässen betroffen. Südafrika ver­zeichnete weiterhin Eng­pässe im Strom­bereich. Hinzu kamen die globalen Effekte einer schwächeren inter­nationalen Nach­frage und eine restriktive Geld­politik zur Inflations­be­kämpfung. Entgegen dem Trend konnten die beiden ost­afrikanischen Länder Tansania und Uganda, beflügelt durch staatliche Investitions­programme, mit Wachstums­raten über 5 % stärker zulegen. Im Nahen Osten ver­zeichneten die öl­exportierenden Länder frei­willige Förder­ein­schränkungen zur Stabilisierung des nach­gebenden Öl­preises, während die anderen Wirtschafts­sektoren eine robuste Ent­wicklung auf­wiesen. In manchen Ländern wurde die Wirtschaft wiederum von Kon­flikten beeinträchtigt, auch durch den im Oktober 2023 auf­ge­kommenen Krieg in Israel und Gaza.[13]

Internationale Finanzierungs­bedingungen

Die wichtigsten Zentralbanken der Industrie­länder setzten 2023 ihre geld­politische Straffung fort und erreichten beim Leit­zins­niveau den höchsten Stand der letzten 20 Jahre, um den ver­bliebenen Inflations­druck ein­zu­dämmen. Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) erhöhte die Leit­zinsen von Jahres­beginn bis Juli um weitere 100 Basis­punkte, auf eine Spanne von 5,25 bis 5,50 %, auch mit Blick auf die robuste Kon­junktur. Nach einer Zins­pause signalisierte die Fed zum Jahres­ende die Nähe des Zins­gipfels und bereitete eine mögliche Lockerung der Geld­politik rhetorisch vor.[14] Parallel dazu hatte die Europäische Zentral­bank (EZB) vor dem Hinter­grund einer anhaltenden Kern­inflation die Leit­zinsen bis September 2023 um 200 Basispunkte auf 4,5 % erhöht. Zur geld­politischen Straffung der EZB gehörte zudem der Abbau des Anleihe­bestands. Die Re­investition von Tilgungs­beträgen ist nur noch im Pandemic Emergency Purchase Programme vorgesehen, auf flexibler Basis bis Ende 2024. Im Gegen­satz zu den USA hatte die EZB aufgrund ihrer Inflations­prognosen bis Jahres­ende noch keine Zins­senkung thematisiert.[15]

Angesichts der straffen Geld­politik, der Inflations­aus­sichten und Übertragungs­effekte aus den USA stiegen die Lang­frist­zinsen in vielen Ländern zeit­weise weiter an. Die zehn­jährigen US-Staats- und Bundes­anleihen erreichten Anfang Oktober 2023 mit 4,7 % beziehungs­weise 2,7 % ihren höchsten Stand in der letzten Dekade.[16] Un­sicher­heiten über die Ent­wicklung der Kurz­frist­zinsen und der In­flation schlugen sich in Volatilität nieder. Gegen Jahres­ende waren die Kapital­markt­zinsen leicht rück­läufig, im Zuge eines nach­lassenden Inflations­drucks und eines ge­dämpften Konjunktur­aus­blickes. Die geo­politische Eskalation im Nahen Osten wirkte sich im Herbst be­grenzt auf die Finanz­märkte aus. Die Zins­struktur­kurve ist seit geraumer Zeit negativ. Das höhere Leitz­insniveau schlug generell auf die Finanzierungs­be­dingungen durch. Die Kredit­dynamik hat im Jahres­verlauf deutlich nach­ge­lassen. Neben ge­stiegenen Kredit­zinsen kam Folgendes hinzu: eine Ver­schärfung von Kredit­richt­linien, mit Blick auf gestiegene Kredit­risiken und im Zuge sich ab­schwächender Konjunktur­aus­sichten sowie eine geringere Kredit­nach­frage.[17]

In den Emerging Markets war eine zwei­geteilte Ent­wicklung zu beobachten. Einige Zentral­banken hatten im Jahres­ver­lauf an­ge­sichts rück­läufiger Inflations­raten mit Zins­senkungen be­gonnen. In Ländern mit einer schwächeren Boni­tät blieben die Finan­zierungs­be­dingungen hingegen ange­spannt, was sich am inter­nationalen Kapita­lmarkt in höheren Risiko­auf­schlägen für betreffende Staats­anleihen spiegelte. Daneben haben die Währungen der betroffenen Emerging Markets im letzten Jahr stark an Wert verloren, in einigen Fällen über 30 %. Der Schulden­dienst blieb in vielen Ländern auf­grund eines hohen Finanzierungs­bestandes zu niedrigen Fest­zinsen dennoch tragbar. In China war der Finanz­markt von der Immobilien­krise beeinflusst.[18]

Rohstoffe

Auf US-Dollarbasis (USD) gingen die Rohstoffpreise auf breiter Front zurück, aufgrund einer geringeren Nachfrage, blieben 2023 jedoch um 40 % über dem Stand vor der Pandemie. Der Öl­preis entwickelte sich volatil, fiel aber im Jahres­durch­schnitt auf 83 USD pro Fass, von 100 USD pro Fass im Jahr 2022. Produktions­kürzungen der OPEC+ konnten durch Produktions­aus­weitungen in den USA und im Iran größten­teils auf­ge­fangen werden. Temporär unter­brochen wurde der Preis­rück­gang im Herbst vom Nah­ost­konflikt.[19] Der Gas­preis TTF sank auf­grund von ge­füllten Lager­beständen und Ein­spar­effekten in Europa. Die Metall­preise bildeten sich wegen einer schwachen Nach­frage aus China und hohen Welt­markt­lager­beständen leicht zurück, auch wenn bei einzelnen Roh­stoffen höhere Produktions­kosten und Angebots­eng­pässe entstanden (Kupfer, Aluminium). Die Agrar­preise bildeten sich eben­falls zurück und stabilisierten sich im Herbst auf einem Niveau von rund 30 % über dem Pre-Pandemie­niveau.[20]


Quellen

[1] Vgl. The World Bank. Global Economic Prospects. January 2024. Washington, DC. URL: www.worldbank.org/en/publication/global-economic-prospects. Kurzverweis: World Bank 2024.
[2] Vgl. World Trade Organization (WTO). Global Trade Outlook and Statistics. URL: www.wto.org/english/res_e/publications_e/gtos_updt_oct23_e.htm.
[3] Vgl. UNCTAD. Global Trade Update. December 2023. URL: unctad.org/publication/global-trade-update-december-2023.
[4] Vgl. World Bank 2024.
[5] Vgl. ifo Institut. ifo Konjunkturprognose Winter 2023. URL: www.ifo.de/DocDL/sd-2023-digital-04-wollmershaeuser-etal-konjunkturprognose-herbst-2023_0.pdf. Kurzverweis: ifo 2023.
[6] Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Die wirtschaftliche Lage in Deutschland im Januar 2024 und vorläufig Zahlen zum BIP 2023. URL: www.bmwk.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/Wirtschaftliche-Lage/2024/20240115-die-wirtschaftliche-lage-in-deutschland-im-januar-2024.html.
[7] Vgl. ifo 2023.
[8] Vgl. World Bank 2024.
[9] Vgl. International Monetary Fund (IMF). World Economic Outlook: Navigating Global Divergences. Washington, DC. October 2023. URL: www.imf.org/en/Publications/WEO/Issues/2023/10/10/world-economic-outlook-october-2023.
[10] Vgl. World Bank 2024.
[11] Vgl. World Bank 2024.
[12] Vgl. World Bank 2024.
[13] Vgl. World Bank 2024.
[14] Vgl. Federal Reserve. Monetary Policy. FOMC Statement. 2023. URL: https://www.federalreserve.gov/monetarypolicy.htm
[15] Vgl. Europäische Zentralbank. Geldpolitische Beschlüsse. URL: www.ecb.europa.eu/press/pr/date/2023/html/ecb.mp231214~9846e62f62.de.html.
[16] Vgl. EZB 2023.
[17] Vgl. EZB 2023.
[18] Vgl. World Bank 2024.
[19] Vgl. World Bank 2024.
[20] Vgl. European Commission 2023.