Diversifizierung stärken - KMU fördern

Herausforderungen in der Außenwirtschaftsförderung

GASTBEITRAG VON GERLIND HECKMANN.


Das deutsche Geschäftsmodell, das auf einem starken Industriesektor und einer internationalen Ausrichtung der Wirtschaft beruht, ist unter Druck geraten. Hohe Energiepreise in Verbindung mit Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine, ein globaler Wettbewerb unter veränderten Vorzeichen, eine Restrukturierung von internationalen Lieferketten und die Transformation zu einer klimafreundlichen Wirtschaft – all das stellt die deutsche Exportwirtschaft vor enorme Herausforderungen.

Der vom russischen Präsidenten Wladimir Putin entfachte Krieg gegen die Ukraine ist ein Angriff auf Europas Sicherheit und unsere Werte. Die von der Bundesregierung im Schulterschluss mit unseren europäischen und transatlantischen Partnern einvernehmlich getroffenen Sanktionsmaßnahmen waren und sind daher folgerichtig und unumgänglich.

Die von Bundeskanzler Olaf Scholz ausgerufene Zeitenwende hat für die Außenwirtschaftsförderung am 24. Februar 2022 begonnen. Unmittelbar nach dem Überfall auf die Ukraine hat die Bundesregierung die Absicherungsmöglichkeiten für Exporte und Investitionen nach und in Russland sowie Belarus ausgesetzt. Entsprechend sanken die Deckungsvolumina – vor allem bei den Exportkreditgarantien. Von heute auf morgen konnte die deutsche Wirtschaft auf wichtigen Auslandsmärkten nicht mehr mit den Garantieinstrumenten begleitet werden.

Der Krieg in der Ukraine und in dessen Folge die europäische Energiekrise sowie massive Lieferengpässe wegen der Coronapandemie und zunehmende Abschottungstendenzen Chinas haben Stimmen laut werden lassen, die das Ende der Globalisierung prognostizierten und das Gespenst der Deindustrialisierung Deutschlands an die Wand malten. Diese Befürchtungen teile ich allesamt nicht.

Allerdings hat der Ukrainekrieg uns vor Augen geführt, wie gefährlich einseitige Abhängigkeiten sind. Diversifizierung lautet daher das Gebot der Stunde.

Deutschland muss entlang der gesamten Wertschöpfung – von der Beschaffung über die Produktion bis hin zum Absatz – unabhängiger von einzelnen Staaten werden. Hier können die Garantieinstrumente des Bundes unterstützen. Bereits heute sichert der Bund Lieferungen und Leistungen in mehr als 150 Länder mit Exportkreditgarantien ab. Er verschafft deutschen Exportunternehmen damit nicht nur Zugang zu neuen Märkten. Die Garantien helfen auch dabei, Abhängigkeiten in der Wertschöpfung zu verringern und Lieferketten resilienter zu machen.

Ebenso wie bei den Exportkreditgarantien unterstützen wir auch bei den Direktinvestitionen die Diversifizierungsbemühungen der deutschen Wirtschaft. Im zurückliegenden Jahr hat der Bund Investitionsvorhaben in 16 Ländern mit Investitionsgarantien abgesichert. Durch verbesserte Garantiekonditionen legen wir den Grundstein dafür, dass deren Zahl in den kommenden Jahren weiter ansteigt.

Mit den globalen Unsicherheiten rückten Garantien für Ungebundene Finanzkredite, ein in der Vergangenheit weniger in Anspruch genommenes Förderinstrument, in den Fokus der Industrie. Die Garantien für Ungebundene Finanzkredite haben im vergangenen Jahr dazu beigetragen, die Rohstoff- und Energieversorgung in Deutschland zu sichern und die Transformation der Wirtschaft voranzutreiben. Abgesichert wurde im vergangenen Jahr unter anderen die Finanzierung einer Batteriezellenfabrik in Ungarn sowie der Bezug von Flüssiggas.

Auch wenn der Ukrainekrieg aktuell das alles beherrschende Thema ist, so dürfen wir den existenzbedrohenden Klimawandel und dessen Bekämpfung nicht aus den Augen verlieren. Der Bund ist sich seiner Pflicht bewusst, über seine Garantieinstrumente einen Beitrag zu mehr Klimaschutz und zum ökologischen Umbau der Wirtschaft zu leisten. Deshalb berücksichtigt der Bund bei seinen Deckungsentscheidungen schon heute Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsaspekte. Zudem fördert er insbesondere alternative Energieprojekte. Erste Erfolge sind sichtbar. Das Portfolio der Garantieinstrumente wird zunehmend grüner. Bei den Exportkreditgarantien ist der Anteil Erneuerbarer-Energie-Projekte im Energiesektor im Vergleich zu den Vorjahren kontinuierlich angestiegen und liegt inzwischen bei rund 75 Prozent. Allein im vergangenen Jahr sicherte der Bund 25 Transformationsprojekte mit Exportkreditgarantien ab, darunter zahlreiche Windenergieanlagen.

Gleichwohl hat sich die Bundesregierung zum Ziel gesetzt, ihre Deckungspolitik insgesamt auf das Pariser 1,5-Grad-Ziel auszurichten. Das bedeutet, dass grüne Projekte konsequent gefördert und besonders klimaschädliche Geschäfte keine Bundesdeckungen mehr erhalten werden.

Neben dem Ausbau der transformatorischen Deckungspolitik stehen 2023 weitere essenzielle Veränderungen bei den Exportkreditgarantien des Bundes an, die darauf ausgerichtet sind, den deutschen Mittelstand – und hier insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) – zu unterstützen.

Mit der Einführung einer Forfaitierungsgarantie im Laufe des 2. Quartals kommt der Bund dem Versprechen aus dem Koalitionsvertrag nach, „die Möglichkeiten von KMU bei der Finanzierung geringvolumiger Geschäfte zu verbessern“. Bisher tun sich die Banken schwer, bundesgedeckte Forderungen anzukaufen, weil sie Sorge haben, dass die angekaufte Forderung nicht rechtsbeständig sein könnte. Mit der Forfaitierungsgarantie werden diese Rechtsbestandsrisiken durch den Bund abgesichert.

Gegenwärtig wird an der konkreten Produktausgestaltung gearbeitet. Ich bin der AKA ausgesprochen dankbar, dass sie sich in diesen Prozess einbringt und im Austausch mit der vom Bund mit der Durchführung beauftragten Euler Hermes, Exporteuren und anderen Banken bei der Entwicklung dieses Produktes mitwirkt. Als Partner der mittelständischen Exporteure ist die AKA mit den Bedürfnissen von KMU bestens vertraut und für uns daher nicht nur bei der Entwicklung der Forfaitierungsgarantie ein unverzichtbarer Ratgeber.

Ein Produkt, das in diesem Jahr bereits auf den Markt gekommen ist, ist die digitale Lieferanten- und Finanzkreditdeckung mit Preisgleitklausel. Aufgrund der Inflation und der Lieferkettenproblematik nehmen Exporteure – und hier vor allem KMU – verstärkt Preisgleitklauseln in ihre Verträge auf. Diese können sie durch den Bund absichern lassen. Nachdem dies bislang ausschließlich im Zusammenhang mit einer klassischen Lieferanten- oder Finanzkreditdeckung möglich war, haben wir Anfang des Jahres die Preisgleitklausel auch in die digitale Lieferantenkreditdeckung und die digitale Finanzkreditdeckung einbezogen.

Ein weiteres Vorhaben betrifft die Modernisierung des OECD-Konsensus. Hier stehen die Chancen gut, dass die Verhandlungen in diesem Jahr erfolgreich abgeschlossen werden können. Das Regelwerk legt unter anderen die Mindestanforderungen für Kreditlaufzeiten, Anzahlungen, die Einbeziehung örtlicher Kosten, Tilgungsprofile sowie Entgeltsätze und Mindestzinsen fest. Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren vehement dafür eingesetzt, die Finanzierungskonditionen flexibler zu gestalten und so die internationalen Wettbewerbsbedingungen für deutsche und europäische KMU zu verbessern.

Seit die Exportkreditgarantien vor 74 Jahren eingeführt wurden, hat das Instrument bei den Exporteuren und exportorientierten Banken kontinuierlich an Bedeutung gewonnen und spielt bei der Finanzierung oft eine unverzichtbare Rolle. Das Instrument hat sich als anpassungsfähig erwiesen bei den sich ständig wandelnden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Und auch in Zukunft werden wir die Garantieinstrumente weiterentwickeln, entsprechend den Bedürfnissen der deutschen Exportwirtschaft, insbesondere der KMU.

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